der angekündigte, da ich ältere Texte hier einkopieren will. Der Grund mag ein nicht notwendend zu erörternder sein, der Anlass ebensowenig, jedoch gedenke ich heute dem vierten Jahrestag einer Löschung. Um zu werden, muss man erst andernorts vergehen, und damals, als ich mich am elften Dritten „siewissenschonwo“ löschte, also meinen Nick, da tat ich es, um andernorts zu schreiben.
Aber die Sucht nach dem angestammten, bekannten, gewohnten Lokalgebaren trieb mich kurz danach zurück. Und es vergingen diese Jahre mit anderen Gründungen und anderen Grenzen, so dass andere Städte erst entstehen mussten, eh ich zu meiner Kirche im Dorf zurückfand.
Ich kopiere hier also altes Material hinein; ungeordnet und nicht nachgesichtet, sparsam an den Flanken nur von Hinweisen begleitet (so aufgeblasen kann man „erklärende Titel“ auch umschreiben), lauter Fragmente, die aber genauso gelesen werden wollen. Denn es gibt keine Kohärenz, die ich hier auch wortreich verteidigen wollte, das Kursbuch berichtet von einer kurvenreichen Reise durch die vom Forum dort angesteuerten Themenbahnhöfe. Ich schrieb zum Teil als Antwort auf meine Vorredner. So kann man das sagen.
Man betrachte es als … Feuilleton, eben. Und wem das wie Daumenkino vorkommt, und wem das Gestalt ergibt, der mag sich auf seine ganz subjektive Art an so entstandenen Zusammenhängen erfreuen.
(„MM“ ist das Selbe wie „copyright-bei-mir“).
Voilá:
der punkt
gemessen am gang der zeit
an den schritten der ewigkeit
dem glutinneren kern der blüte
dem nektar süßer süffiger güte
dem werdeweben von ebbe und flut –
und wir messen in maßen und krügen
leerer reue und voller mut –
sind die fransen am saum der gezeiten
die rauten am rand des gescheiten
ein hauch in das wolkengebilde
sand an die meisternde steinergilde
zeugenlos unberichtete lügen
gemessen an flucht und weite
ist der punkt die stehende seite
nicht mehr
(MM, am 6.10.2014)
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und wenn
und wenn ich einen finger nur senkte
auf eine deiner warmen kuppen
ihn hauchen ließe was ich höre
ihn fauchen hieße was ich schwöre
hinter den wimpern landende schnuppen
wenn atemlang nur wäre dieses neigen
und stimmlos laut das unbenannte zeigen
und sternstaub wenn sich uns verschenkte
unsere lungenflügel lenkte
sengte glutrot an unsren feuerschweifen
und wenn
das reifen
(MM, am 26.8.2014)
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Antwort auf die Forums-These, Erinnerungen an das Säuglingsalter existierten nicht:
das glaube ich nicht. das mag unser jetziger stand sein, aber ich bin davon überzeugt, dass es folien gibt, auf denen einiges älteres gedruckt wird, wir haben nur kein werkzeug, sie zu finden und zu deuten.
etliche therapie-formen und body-mind-interventionen scheinen in diesem sinne zu sprechen. und ich meine jetzt nicht rückführungen und obskure methoden, sondern befunde, die über eine organsprache und ein gewebegedächtnis nachzudenken veranlassen.
in der cranio-sakralen therapie, einem teil der osteopathie, werden phänomene registriert, die dafür sprechen. entsprechend wird von therapeuten-seite nonverbal kommuniziert, was dazu führt, dass das ergebnis, ja verbalisiert, also bedacht, nicht wirklich genau abbildet, was erfahren wurde. aber das, was dabei an info hin- und her fluktuiert, erzählt mitunter von sehr sehr frühen erinnerungen.
(MM)
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Zur These, man habe eine Beziehung ZU einem Anderen und nicht MIT einem Anderen:
… Aber die Wendung „zu“ ergibt sich aus der grundsätzlichen Dynamik des Ziehens, des Zuges. Man macht Spielzüge, auf dem Wir-Brett, und geht meistens davon aus, dass der Andere das selbe Spiel kennt und spielt.
Überhaupt erliegen wir alle dem „man“, dem Universal-Claim der Sozialisierung. Daher sind Überzeugungen, wie sie hier genannt werden, nicht etwa Sachverhalte, die Über-Zeugen postulieren, sondern diejenigen, die einen sozialisierten. Also Familie, Peers und sogenannte Experten, also die Erfahrenen. Aber die Erfahrenen werden zu Beginn (des Lebens, der Gedankenbau-Werdung) nicht geprüft auf ihre Über-Zeugschaft, sondern sie werden kraft anderer Parameter ins Glauben „eingepflegt“ … (Einpflegen ist so ein lustiges Wort!). M a n sammelt die Daten, mit denen m a n später Sachverhalte deutet bei zufälligen Gelegenheiten, etwa im Modus der beiläufigen Beratung. Ein Beispiel: das junge Mädchen erfährt von der Tante / Mutter der Freundin / der Autorin des Lieblingsromans / […],
dass „man“ in „so einer Situation“ das und jenes zu denken habe: „Na, das gehört sich doch nicht …, da hätte er Ihnen doch beistehen müssen …, das macht doch die Beziehung aus …, nein, das dürfen Sie sich nicht gefallen lassen …, das ist nicht okay …“ usw, usf.
Da hat m a n als f r a u meiner Altersgruppe (jetzt) bis zum zwanzigsten Lenz etwa, bereits ein stattlich Arsenal an solchen Glaubenssätzen (ich nenne Überzeugungen lieber so), da hat man ein Credo. Und dieses Credo bewirkt und wirkt, verstrickt und verknotet, und die Aufgabe, es beständig zu überprüfen, also Zeugnis abzulegen, sich zu überzeugen, wird einem ja nicht unbedingt zwingend mitgeliefert. Also werden im Prozess, in den Be-Zügen der folgenden Jahre einige Männer aufgerieben (Ratgeber konsultiert, Psychoheinis bezahlt …), bis mit etwas Glück und guter Führung die Substanz dieser Glaubenssätze soweit aufgeweicht ist, dass sie zu höherer Mathematik taugt. Und leider ist „Minus mal Minus ergibt Plus“ keine höhere Mathematik, es ist nur ein weiterer Satz, dessen Gültigkeit und Adäquatheit noch zu bezeugen ansteht.
Wir, „man“ geht ins „Schlachtfeld der Liebe“, wie ich immer wieder lese, ziemlich unbedarft. Oder bedürftig, nach echtem Bedarf, nach echtem Bedürfnis Ausschau haltend. Die meisten unserer Wir-Spielzüge sind leere Formeln. Ich kenne Leute, die behelfen sich mit den m a n -Zahnstochern als Krücken über die vermintesten Felder. Weil sie nur die haben, weil sie kaum darauf aufmerksam gemacht wurden, dass sie sie gar nicht brauchten, sähen sie zuerst sich, und dann den Anderen. Beziehung also
kann, soll sie halbwegs eine Chance auf Substanz und Transport mittels Züge dieser Substanz haben, bei m i r beginnen. Von wo aus ziehe ich was wohin und wofür? Und warum (sofern das Budget für eine Tiefen-Analyse reicht).
Das w i r ist ein Konstrukt. In den meisten Fällen, und viele davon sind solche von Anwaltskanzleien. Stelle ich im Nachhinein fest, dass mein Gegenüber ein a n d e r e s Spiel spielte als ich, kann ich ihn anklagen. De facto müsste ich mich selbst anklagen, nicht nach der Über-Zeugenschaft gefragt zu haben.
Im Idealfall ist jedes neue „Wir“ ein Neubeginn der Verrechnungen. Mit offenem Ergebnis, mit eyes wide open.
Dass wir so oft im „wir“ schlittern, verdankt sich dem fundamentalen Sog, Zug, den Einbahn-Denken und sonstige Pret-à-porter- An-Züge auf uns ausüben: wir wären halt gerne Norm. Die Norm ist bestärkend und rückversichernd. Und unser aller Ego-Brunnen zum Absaufen in die Grundwasser der Sozietät.
(MM)
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Zur Gottfrage … freilich ersheint manches zusammenhangslos, das ist es ja auch.
in einer welt, in der die ungerechten chancenverteilungen nicht wegzudenken sind, braucht es einen liebenden gott als trost. als therapeutikum.
deshalb ist gott auch dann noch liebend, wenn es zerfetzte leiber und eingetrübte gemüter gibt, und zwar nicht zu knapp. er wurde ersonnen als genau das, das fließmittel, die ausgleichsmasse. wo nichts mehr anderes hilft, setzt das gottmolekül an und ermöglicht das weiterspulen der hoffnungsschlaufe. ohne hoffnung geht es ja nicht, also hat man liebe und glaube auch gleich in denselben topf geworfen, wird ja alles mit demselben löffel verspeist.
irgendwo muss die liebe ja verortet sein; und weil wir in den seltensten fällen es fertigbringen auf dauer und zweifelsfrei liebe zu generieren, haben wir diese perpetuum-schatulle gott, in der das mysteriöse allumfassende tätige lieben wohnt.
interessant wird therapeutische auftragsarbeit via seelsorge/ psychologe etc. erst, wenn sie ohne gott auskommen muss. ne menge leute lassen sich nämlich nicht auf das repertoire ein, das hier wortreich illustriert wird. denen muss man dann etwas anbieten, was in ihnen selbst ist. und dabei riskieren, dass es keinen trost gibt, und dennoch seelenfrieden zu bergen ist. aus den tiefen des heiles. und das heilsein ist das ganzsein, wie die eso´s immer wieder mantrisch verkünden. da hat aber das konzept gott rein gar nichts damit zu tun, nicht notwendig.
(MM)
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Zur „Wahrheit“ … als Imagination.
… aber ich würde den konsens über wahrheit nicht religiös bezeichnen, auch wenn ich meine zu wissen, warum dir nichts anderes übrig bleibt als ihn so zu nennen. wahrheit muss man glauben und wahrheit hat eine dimension von unantastbarkeit und transzendenz.
für mich ist sie ein terminus. im weiten sinne also terminal: sie bezeichnet die grenze des fragens, das ende der diskussionen.
ihre notwendigkeit ist aber erheblich höher als die des terminus „gott“, wenn sie ihn auch an vielen stellen subtituiert. ohne sie wäre gar keine orientierung möglich.
in religionsphilosophien wie dem zen haben sowohl wahrheit auch als gott rein operational abgedankt. man bewegt sich im quantenraum der koans, wo alles zugleich und gar nicht ist und im grunde auch egal, hauptsache man vergißt es. aber der mönch hat sich an die wahrheit des klostervorstandes zu richten, die wahrheit des hoffegens, und des tomatenschneidens in der küche.
die wahrheit seiner knieschmerzen beim sitzen soll er hingegen wegbeobachten.
kon-sens.
(MM)
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Zur Frage, ob es den Weihnachtsmann gebe:
Also gut: den Weihnachtsmann gibt es; genau wie Gott. Sie sehen auch ähnlich aus und wohnen benachbart, aber der dezembrige Teil des Duos ist der kauzigere. Oder kapuzinigere. Zumindest in Regionen, in denen der Allwetterpart eher taftige Haltefunktionen ausübt.
Gemeinsam ist ihnen, dass sie hocherfreulich sind, dem einen will man aber lieber später begegnen; auf beide singt man Lieder und es bedarf einer Portion Glühwein extra um sich so ganz und tief auf die Sache einzulassen.
Dem Ursprung nach sind sie Väterchen, so dass auch in frostigen Gebieten mit Rentierüberschuss und säckeweise Klumpen man noch abends in ein windgegerbtes Antlitz schielen kann. Dass es keine Mütterchen sind rührt daher, dass gegerbte Weibsgesichter nicht so werbetauglich sind. Wofern es um Fruchtbarkeit geht, mutiert das Väterchen dann gerne zur Wiesendiva mit Hasenpfötchen und Fräuleinwunder mit Blütenkranz.
Alles in allem dient die Vorstellung vom wunderlichen Weisen auf Tour der Ablenkung vom unumgänglichen Altern selbst der Rolling Stones und suggeriert eine Art Dauereinrichtung im Beichtstuhl allmächtiger Bärte. So bissl Anlehnen und Warmwerden am zerschlissenen Rockschoß Reisender sind um die fragliche Jahreszeit geschätzte Güter.
Ich hoffe meine Stellungnahme entspricht dem Vorschatz des Dozenten und ich kriege den Schein ohne Hausarbeit. Muss nämlich noch Gardinen waschen bis Weihnachten. Solche Rituale erweichen bekanntlich die gestrengen Maskulinen und ermöglichen den freien Fluss der Gaben.
(MM)
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Zur Genderfrage und so …
patchworkfamilien tragen erheblich zu einem neuen verständnis der geschlechterrollen bei. sie sind die indices für anstehende soziale bewegung.
selbst scheidungskind, kenne ich eine menge solcher fleckerlfamilien. in den meisten wird den beteiligten viel abverlangt, egal welchen geschlechts. ganz neue ordnungen werden etabliert und müssen sich bewähren, subtile, delikate, instabile formationen verlangen ein mehr an aufmerksamkeit und ein weniger an egoismus.
ich kenne großmütter, die mit selbstverständlichkeit die enkel der hinzugekommenen familienteile betreuen, mütter, die sich um die freundin des stiefsohnes kümmern und söhne, die die kleine tochter des stiefvaters zur schule fahren. ohne dabei mit der wimper zu zucken.
es liegt darin eine große chance, der sogenannt nächste ist naher. ich habe selbst erlebt, wie sich das anfühlt, freiwillig die rampe zu verlassen, weil, bei aller romantik, ein anderer (das kind) bedeutungsvoller war.
wir wachsen daran und es ist nicht der egoismus, der das antriggert. es ist die wahl, das bewusste einlassen, sich zutrauen und durchhalten.
(MM)
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Zur „Je suis Charlie“ – Bewegung
ich finde es verstörend, mal erschreckend, mal nur bizarr, mal abstoßend, wie bereitwillig sich so viele unter diesen manna-brunnen stellen, der uns allen die möglichkeit gibt, endlich stellung zu beziehen. jeder, der bislang, eben: noch nicht mal den namen der zeitschrift kannte, sich kaum die laune hat von den totenzahlen irgendwo in den abendnachrichten betrüben lassen, kaum sich noch rührte, wenn an entfernten staatsgrenzen kapitale verbrechen an der menschenwürde nagten …, wie jene also sich nun mit der plötzlich infizierten zeigefingerwunde emporrecken. wie sie nun die werte des urmenschlichen, folgefranzösichen dreiklangs nachbeten, als hätten sie sie aus dem rosarium inwendig wegdigeriert …, wie leicht es ist,
dort zu sein, wo man zur rechten stunde zu sein hat. zur falschen zeit befanden sich die in der redaktion arbeitenden journalisten, die haben für uns stellvertretend die spruchbanner hochgehalten. ich finde es ok, dass wir ihnen nun im nachhinein respekt zollen, sie würdigen und uns bedanken.
dennoch, wie leicht es ist!
das zu den verhältnissen, von denen hier einige schreiben, zu recht: sie sind asymmetrisch, die balken dieser betroffenheitsbühne. es ist sehr viel raum für willige statisten, für die lichtmaschine entstanden. und dort sonnen sich nun alle, die bis eben noch keine stellungnahme abgegeben hatten und nun endlich die möglichkeit ergreifen.
ich bin nicht charlie.
ich habe mich bis vor ein paar tagen einen teufel um die nachrichten geschert und hatte am donnerstag plötzlich tränen in den augen und dabei wurde mir selbst vor mir selbst bang.
ich bin nicht charlie. ich habe in den vergangenen Xx12 monaten nicht einen deut meine existenz wissend riskiert, indem ich meine meinung leuten gesagt habe, von denen ich annehmen musste, dass sie mich daraufhin töten.
ich habe nichts von dem getan, was diese menschen taten,
das heißt,
ich bin nur deshalb charlie, weil ich auch aaahne, dass die bleistifte der redaktion die symbole für unsere moderne sind
UND
zugleich für die dem erdboden gleichgemachten towers
und mir das nungaarnicht in den kram passt,
weil ich ja europäerin bin, in der schule mich für den revolutionsdreiklang begeisterte und ich mir einbilde, teil der moderne zu sein.
mir ist diese pandemische betroffenheit suspekt. mit uns kann man das spiel machen, wir eingebildeten, aufgeblasenen abendländer. uns kriegt man so leicht auf die palme und auf die dünnbretter zwielichtiger illuminatensalons, wir ließen uns noch in kriege hineinmanövrieren, vor lauter überlauter posthumer ergriffenheit und medialer gasblase!
mehr noch, mir macht sie angst, diese heilscheindende ick-war-ooch-dabei-bewappnung. ich wünschte mir, wir würden nachprüfen, wie manipulierbar und verzärtelt wir sind und wie leicht man uns einpferchen kann, so man weiß, wie es geht.
und das wissen immer mehr.
(MM)
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Zum „Gläsernen Menschen“
nur war damals die welt simpler: man bezahlte eine rechnung und bekam dafür eine leitung bereitgestellt. in meinen sehr jungen und sehr simplen jahren wackelte ich an oma´s hand zur dörflichen postzentrale, wo ein nettes fräulein schnurstifte in eine tafel steckte und mich mit den städtischen eltern verband. fas-zi-nie-rend. dagegen erschien das blaßgelbe radrechteck in der stadt, an dessen kabel man unentwegt zwirbelte, bereits entzaubert. nun sind wir der weltkomplexität längst nicht mehr gewachsen.
jeder liest beim einloggen das mantra „fb ist und bleibt kostenlos“, und bei (hoffentlich) vielen blinkt im hinterkopf ein alarmbutton auf, der da sendet: als erstes blechst du mit deiner zeit.
aber gut, „fb ermöglicht es mit menschen in verbindung zu bleiben und inhalte mit ihnen zu teilen“. achso, das beruhigt, naja, dann hab ich ja was davon.
kaum einer rechnet nach, wie viel von den x investierten onlinestunden tatsächlich „inhalt“ sind. ich habe das ein wenig überrechnet in den letzten wochen … es war ein bruchteil. abgesehen von der fragwürdigen inhaltslastigkeit solcher getauschter sätze wie: alles gut bei dir? lass dich mal wieder blicken – mach ich.
der große teil bestand aus likes und reaktionen auf likes und da hat es mich buchstäblich angewidert, dass ich allmählich auch dinge likte, die ich gar nicht likte, aber diffus das gefühl bekam, die person braucht das (weil ihre inhalte zum beispiel entlarvend haltlos und einsam rüberkamen). auch war oft klar, da ich einige der verbundenen sogar persönlich kannte, dass sie meine (vornehmlich tierhaften possenvideos, echte inhalte wollte ich auf fb nicht posten) nicht wirklich liken konnten, es aber taten, um mir zu signalisieren, dass wir in verbindung sind.
das alles ist derart elend und unwürdig, dass es schon dazu reicht, auszutreten und einem eichhörnchen auf dem baumast in völliger wieseneinöde ein ehrliches daumenhoch zu spenden, das es nicht versteht.
das system verbiegt uns.
es simplifiziert alles; es erleichtert, und zwar um den verstand und die urteilskraft.
was amazon schon alles an inspirierten browserpartikeln von mir ausspuckt ist eine versicherung gegen spätere demenz. kunden, die das kauften, kauften auch das.
aber das alles ist ja bekannt. langweilig, da verdrehen die leute die augen, wenn man das darlegt. und genau das macht mir am meisten sorge.
die t r a n c e .
alle diese sätze und daten, die da vor unseren augen rauschen, haben hypnotische wirkung. man kennt es von kindern, wenn man sie ins bett schicken will und sie bleiben bis zur tür noch mit dem blick auf die glotze haften. „erwachsene“ nutzen sie deshalb auch als einschlafmittel, sofern die hirnkapazität an ihre grenze stieß.
die trance aber wird verteidigt. diese ernüchternden „kannste auch drin bleiben, wir sind doch eh überall erfasst, da musste den stecker ganz rausziehen“ – wendungen …, die fand ich wirklich erwähnenswert. das wird unterschätzt, ein jeder glaubt, ihm könne nicht passieren, dass ihn der sog erwischt, dabei steckt er längst im maul des datenmammuts. gut, zunächst natürlich als harmloser zahnstocher.
ein weiteres mantra ist „ich hab doch nichts zu verstecken“. genau, solange man nicht geheimdienstlich relevante inhalte postet, ist man ja in sicherheit.
und genau das sind die zwei standbeine des nun wohl unverrückbar eingeimpften standby-hormonstäbchens: ich bin in sicherheit
und
ich werde erhört.
das bedürfnis nach mitteilen, nach resonanz, gar nach entblößung, je nach grad der persönlichkeitsverkrümmung, ist riesig. irgendwo las ich, dass das interagieren auf fb als so befriedigend wie sex registriert wird. es macht high, sich sehen zu lassen, sich zu öffnen, es feuert feine sachen im gehirn herum und deshalb ist diese trance so lieb und teuer.
homovitrum ist ein homunkulus, ein kümmerlicher replikant in den tiefen unserer hirnfalten, unfähig der welt zu folgen, entkräftet, entwaffnet, von der komplexität überrollt, einer, dessen bewusstsein soweit noch reicht, dass er sich durch zeigen noch vor der unkenntlichkeit, der unbedeutung in dieser ozeanischen welt einkleinwenig zu retten versucht.
deshalb hilft alles aufklären nix, es ist drogengleich und die süchtigen werden immer mehr. einzig das anbieten einer noch befriedigenderen droge könnte helfen.
bin gespannt, was als nächstes kommt.
schlecht ist das, was offensichtlich dem kanonisierten niveau-leser widerspricht, also belanglos in der denke und mangelhaft in der form ist. schreibt einer thematisch bedeutungsarm und zweifelhaft geformt, und findet interessierte leser, dann findet er und die leser auch, das sei „gute“ schreibe und „gute“ lesbarkeit. aber daa waren wir gar nicht; wir waren beim lesen des eigenen lebens und beim schreiben des eigenen feuilletons.
besteht ein kausaler zusammenhang zwischen einem bekloppten leben und einer noch dämlicheren interpretation desselben? oder umgekehrt, zwischen einer bedürftigen drehbuchanweisung und einem kassenflop an der betriebsinternen kinokasse?
aha.
da wollen dann wenigere abspringen, bei der hypothese: ist der input, sind skript, regie, produzent hundsmiserabel, kommt eben konsekutiv ein wacklig filmchen bei raus. und dann neigt man eher dazu, sich als leser, nachträglich, korrektiv und überlebenswichtig, zum helden zu gerieren. irgendwie die szenenfolgen so zu verkleben, dass der cutter bei dienstschluss befriedigt und brustvoraus nachhause kann. sobald eine story einen überzeugenden helden hat, einen, der tröstet, bestätigt, anheizt, inspiriert, kitzelt, einen, der das ruder in die hand nimmt, ist das sonstige drumherum egal. die story wird mörtelfrei um die figur herum gelehmt, wie einst pandora.
das erklärt, warum alle phänomenale politik, die legenden und die religionen, kultur überhaupt, so personenbezogen sind. die geschichte unseres erdballs und unserer hinterlassenschaft ist eine personalisierte. pro maßeinheit milimeterpapierne historische bewegung, soundsoviele grundprivatisierte visagen: herrscher. also leitfiguren, stammesführer, schamanen, priester, kirchenfuzzis, fürsten, revoluzzer, oppositionelle, mein lehrer, mein kaninchen und meine mutti.
das erklärt auch, warum es in miesen stories so sehr nach coolem helden verlangt; notfalls im jenseits, dann aber tête-à-tête mit dem allheiligen und brustanbrust mit den vierzigjungfrauen. wenn der ganze entwurf nicht mehr hinhaut, sorgt eine von amts wegen installierte betreuung für die verbrämung. wortnah bekommt man also einen pelz umgehängt, kopf-hoch-auch-wenn-der-hals-schmutzig-ist.
das bringt mich auf die frage nach dem leseapparat: womit soll ich lesen?
mein leben ergibt unter der lupe eine ganz andere welt, als unterm scheffel, unter der teleskoplinse, unter dem regenbogen oder unter dem flaschenboden. welche linse soll ich anlegen, um ein schönes design zu erreichen, das sich gut verkauft? nee, an das sogar ich glauben kann, weil es sooo schön ist?
mir scheint, leser zu sein ist beinahutopie. bestenfalls ist man lektor. typograph. das buch liest sich vom ende her am schlüssigsten, wie soll man also je zwischenstationär die eigene internierung kapieren?
dennoch: neulich lauschte ich einem mann. der sagte, er sei dort und dort gewesen. habe dies und das gesehen. nördlich und südlich des äquators, nach links und nach rechts auf der landkarte, und er zählte länder auf. da und dort. und dort, und dann da. und dann und dortauchnoch. nach einer weile fragte ich ihn, mit welchem zweck er das getan habe. er sagte: ich wollte es sehen. ich fragte, warum. er sagte, er sei neugierig gewesen. dann fragte ich, warum er das sei. er sagte, er sei halt so. dann fragte ich, was er denn an erkenntnis mitgebracht hätte, was er zu bündeln gedachte aus dem gesehenen. da überlegte er und sagte: na, überall auf der welt sind die leute anders. und ich fragte, ob ihm das im alltag geholfen habe. und er sagte, nein, denn hier seien die leute eben so und woanders anders. und hier gälten die hiesigen regeln, die können gut und gerne woanders machen, wie sie wollen, hier ist hier.
ich dachte, das viele kerosin hätte eingespart werden können. dem mann hätte man doch auch filme zeigen können, er wäre zum selben schluss gekommen. wozu all die reisen. wenn nicht dazu, hier und woanders unter einen hut zu bringen? mich und mein später-ich. jetzt und dann. wozu grenzen passieren, wenn man nicht glaubt, dass sie passierbar sind?
das hier und das dort, das jetzt und das dann, sind konstitutive momente einer erzählung. und mögen sie noch so verschüttet unter wortlawinen liegen. stories, die innehalten, sind keine stories, es sind meditationen, ein genre für sich.
also ich meine, gute schreibe und gutes lesen sind keine verhandelbaren termini. was verhandelbar ist, ist die ent-wicklung, das ausspinnen, das weben, das reißen.
maya entschleiern, ein hocherotischer akt.
das sonografisch ermittelte aktualstadium einer mit der welt ( mitunter kohärent) verbundenen selbstauffassung. ein hologramm, halb gespeist aus dem eigenen ich, halb aus dem sehnerv des betrachtenden gesäugt. das täuschend echte labyrinth aus steinzeitgenetisch grobgemeißelten quadern, mit dem mörtel des letztgeposteten kulturkanons angerührt und in eile dahingemauert, als ob (´s für die) ewigkeit wäre.
die mauer in den köpfen und ihr daedalos-daskalos ikarischer natur. plus minotaurus, also multipel, aber vermutlich nie wirklich inkohärent. sie gehorcht dem legendenstatus.
modell und realisierbarkeit. architekt und maurer. nie fertig. nienie. noch im letzten atemzug wird ein hauch davon entlassen, wenn das letzte gran ich verdunstet.
eine narration, wie lyotard sagen würde
und über lyotard zu sprechen ist auch nur persönlichkeitsgeschwafel.
persönichkeit ist die sau, die im weltdorf morgens durchgejagt wird, und abends unter der guillotine gut liegen mag. die meisten persönlichkeiten, die ich kenne, sind tot, möchte ich behaupten.
persönlichkeit ist das/die gerütteltgeronnene maß aus gährungssäge und hefebrei. aus wort und laut.
ein projekt. und wenn sie keins mehr ist, wenn sie droht zu magma zu erstarren, schneiden sich am onyx ihrer scharfkanten meist die adepten der reinkultur selbst am blutigsten. deshalb empfiehlt es sich, beim laborstudium der eigenen personagen, einen weißen vestenmantel anzuziehen.
wie eine weiße fahne.
damit die umstehenden nichtlaboranten und gasthörer nicht von umherspritzenden versuchsteilen besudelt werden.
alles andere, was man ihr anhängen mag, ist politik.
(MM)